Freitag, 13. November 2015

Kronstadt
Über einen gigantischen Damm, der den finnischen Meerbusen zerschneidet, vorbei an verfallenden Forts,  gelangen wir nach Kronstadt. Vor der Wende wäre man auch mit dem Schiff hier nicht angelangt, außer mit einem Einberufungsbefehl in der Tasche, um den Ruhm und die Ehre der baltischen Flotte zu mehren. Der Ort bezirzt mit dem Charme eines sowjetischen Garnisonsstädtchens. Und ich war ganz fasziniert und geradezu angerührt davon, diesen doch mindestens hundert Jahre alten Fabrikschlot so munter und tiefschwarz vor sich hin qualmen zu sehen, als würde er noch Helmut Schmidt einen Gruß in den Himmel senden wollen. Sowas hab ich zuletzt in den 80igern erblickt, diesen ungefilterten Ausstoß von Rauch, diese Plastizität von Schwebeteilchen, diese gloriose Rußfahne der Produktion. 

Dima Grigorjew meinte, daß er dort am liebsten einziehen wolle. Der Dichter in seinem Lufthaus.

Kirche und Militär, verbunden wie seither. Dima meinte noch: zu Sowjetzeiten kam erst die Partei, dann die Regierung. Jetzt die Regierung, dann gleich die Kirche.

 Stimmungsbild mit Kanone.

Hier kann ich nur den Dichter Peter Berg zitieren:
"Es ist, als wär dem Leuchturmwärter,
 sein Türmchen heute etwas härter."



Es mag viele Perlen in der Ostsee geben, und es gibt Kronstadt. Aber wenn man unbedingt ein poetisches Wort finden wollte, dann könnte man sagen, sie ist der verrostete Nagel im Fuß der baltischen See.

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