Mittwoch, 21. Oktober 2015


Ich bin eher etwa schreibfaul, was den Blog angeht, Christian ist der für die Worte. Trotzdem möchte ich im Nachhinein noch einen Eintrag zu meiner Reise nach St. Petersburg machen. In meiner Projektskizze war eigentlich angegeben, mit dem Schiff über die Ostsee nach St. Petersburg zu kommen. Leider wurde die Fährverbindung Lübeck/St. Petersburg für den Personverkehr eingestellt. Da ich es bevorzuge, langsam zu reisen, habe ich mich für die Fahrt mit dem Zug entschieden. Jeder der mich kennt, weiß, ich steige nur sehr unfreiwillig in Flugzeuge. Ich arbeite daran, aber 36 Stunden Wien-St. Petersburg schien mir komfortabler.

Am 5. Oktober war ich weniger aufgeregt, als voller Vorfreude, ich hatte noch zwei wunderbare Tage bei meiner Freunden Marie und Oleg in Wien verbracht. Um 18 Uhr ging es am neuen Hauptbahnhof los, Marie hat mich mit einem etwas neidischen Blick verabschiedet. Ich hatte ein Schlafabteil für mich alleine. Ja, es war so gemütlich, wie es sich anhört.
Der Schaffner sprach, wie befürchtet, nur Russisch. Aber irgendwie haben wir es zusammen geschafft, alles wesentliche zu klären "Paschalusta, No pabirr in Doilett!"
Die erste Nacht war einigermaßen grauenhaft. Das lag an dem schmalen, etwas harten Bett und vor allem an der harschen Passkontrolle um 5 Uhr früh an der Grenze von Weißrussland. Ich konnte danach nicht mehr schlafen und war wach, bis der Zug in einer Halle sein für die russischen Gleise ausgelegtes Fahrwerk erhielt. Der komplette Zug wird dafür angehoben und verrückt.
Der nette Schaffner brachte mir einen Tee, während in meiner Kabine das Loch zum Fahrwerk geöffnet wurde. Es wird mit 4 Eisendübeln direkt durch die Kabine fixiert. "Be carfull- Not foot, niet there"
Begeistert schaute ich durchs Fenster den Arbeitern zu, wie sie ihre routinierten Handgriffe erledigten.

Die Fahrt durch Weißrussland war weitesgehend unspektakulär. Der Herbst war schon etwas weiter als in Deutschland und man blickte auf flache,bunte Landschaften. Ich habe mich vor allem mit aus dem Fenster schauen und schlafen beschäftigt. Man taumelt in eine gesunde Langeweile. Irgendwie ist es wirklich so romantisch, wie man es sich vorstellt. Man akzeptiert umgehend, dass die Zeit während der Fahrt für 36 Stunden gewissermaßen stehenbleibt.
Zwischendurch füllte ich zusammen mit dem dicken Schaffner (es waren zwei nur für unseren Wagen zuständig) die Einreisepapiere nach Russland aus.
Die zweite Nacht war wesentlich angenehmer, ich habe auch aufgegeben, die Tür abzuschließen. Ich habe mich, obwohl alleine, in diesem Zug komplett sicher gefühlt. Die einzige Angst betraf nur manchmal die Geschwindigkeit des Zuges. Gefühlt hopste das sicher 20 Wagong lange Gefährt manchmal komplett in die Luft.

Morgens um sechs Uhr war ich hellwach und machte mich fertig. Um halb acht sollte der Zug in St. Petersburg ankommen. Der nette Schaffner brachte mir noch einen Tee und ich wartete, bis wir langsam und 15 Minuten zu spät in den Bahnhof einfuhren.
Liza, die Koordinatorin der Residency hier, sagte später im Taxi "This was the first time I had to wait that long for a train in Russia!"
15 Minuten auf eine Strecke von etwa 1500km... Deutsche Bahn, nehm dir mal ein Beispiel.




                                                           Schlafabteilselfie


                                                           Fahrwerkwechsel

                                                           Das Loch in meinem Abteil

                                                           Es geht richtung Russland!


                                          Minsk


                                                           Erst am Abend ging es weiter in die Nacht.

Tja, Nina, zwei Stunden Flugzeug, zack! in St. Petersburg.
Am Flughafenausgang waren wie üblich Leute mit Schildern aufgereiht, ich suchte nach meinem Namen, las aber nur "Taksi" oder "Zentr Intellect". Auch ein passender Ort für mich, dachte ich im ersten Moment. Doch dann kam einer, der hatte auf seinem Schild groß "Bruce Will" stehen. Wer war dieser Bruce Will? So schnell wie der Mann mit dem Schild gekommen war, es einmal hoch gehalten hatte, so schnell war er wieder verschwunden. Ob er das jeden Tag tut? Aber eines Tages wird er kommen, der Bruce Will.    

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