Sonntag, 6. Dezember 2015

Gestern war ich bei den lebendigen Tieren, heute bin ich zu den ausgestopften ins zoologische Museum von St. Petersburg.


Dort sieht es aus, als hätte man alles, was bei drei nicht auf den Bäumen war, ausgestopft. 



Und danach stopfte man das, was bei drei auf den Bäumen gewesen war, auch noch aus.

Solche Sammlungen sind kostbar, weil sie von einer Zeit erzählen, in der man zur Veranschaulichung der Tierwelt das echte Tier nahm, noch halb Jagdtrophäe und Interieur des Herrenzimmers. Eine Zwischenwelt aus Panoptikum, Jahrmarkt und Wissenschaft. In Halle gibt es auch so eine Sammlung. Sie ist sogar noch unmittelbarer, weil die Tiere nicht hinter Glas sind. Einmal im Jahr öffnen sich dort die Pforten (ich hätte beinah Pfoten geschrieben) und man kann sich durch die engen Regale schlängeln, auf denen in dichter Fülle Tier an Tier steht. Auf dem Boden - man könnte seine Hand ausstrecken und anfassen - befinden sich die größeren Exemplare, und dann passiert etwas Magisches, plötzlich steht man vor dem tasmanischen Beutelwolf. Vor achtzige Jahren, genau weiß man es nicht, ist er ausgestorben. Kein noch so perfektes, aus Kunststoff oder anderem Material nachgebildetes Tier erreicht die theatralische Wirkung eines solchen ausgestopften Tieres, dessen Aura mich umfängt wie der muffige Geruch aus Bohnerwachs und Mottenpulver. Der Präparator ist fast ein Bildhauer, er muß sich eine Körperhaltung überlegen, in der er das Tier in Szene setzen will. Es gibt auch viele dramatische Inszenierungen in der Petersburger Sammlung anzuschauen. 

Der Fuchs, der eine Gans erlegt. Die Schlange, die einen Fuchs erwischt. Aber kein einziges Tier beim Liebesakt, selbst der Kragenbär holt sich nicht munter einen nach dem andern um Robert Gernhardt zu zitieren.


Besonders die kleineren Säugetiere sehen oft ein bißchen komisch aus. Als wäre in sie zu viel oder zu wenig Füllmaterial hineingestopft worden. Die Glasaugen gucken mich seltsam an. Das Fell ist an vielen Stellen zerschlissen. Die Ohren ausgefranst. In seiner Glasvitrine würde auch Lenin hier gut dazwischen passen. Neben Bär und Mamut, Wolf und Zebra. Er muß aber in Moskau bleiben, anstatt bei den Genossen der Fauna in Petersburg.




Was der tasmanische Beutelwolf für Halle ist, das ist der einzige überlebensgroß ausgestopfte Mamut für Petersburg. Er wurde in der Position präpariert, in der er gefunden wurde. Daß es sich um ein männliches Exemplar handeln muß, erkennt man an der Körperhaltung. Er ist auf dem Klo eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Meine Freundin kennt die Situation. Bis jetzt habe ich es immer rechtzeitig geschafft, aufzustehen. Noch.

Eine Flugschildkröte

Zum Schluß noch die Preisfrage. Auf einem der Fotos hat sich der tasmanische Beutelwolf versteckt. Auf welchem nur?

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